Interview mit Daniela Quispe

Daniela Quispe ist durch und durch Bewegung und Musik. Als junge Frau schaffte sie den Sprung ins Leichtathletik Nationalteam. Später fand sie zum Tanzen. Zuerst Ballett, Jazz und Modern. Dann kam Breaking. Für Weiterbildungen ist sie um die halbe Welt gereist. Inzwischen hat sie mit dem TanzRaum6 eine eigene Tanzschule. Der Auftritt ihrer «Funky Crew» an unserem diesjährigen Benefizanlasses war für viele das Highlight des Abends. Die aktuelle Show ist speziell emotional. Daniela Quispe choreografierte die Corona-Krise auf ihre Art: Fassbar, traurig, aber auch voller Hoffnung. Neben ihrer Tätigkeit im TanzRaum6 ist sie seit mehr als sechs Jahren bei GORILLA als Coach tätig. Genügend Gründe also, um sie zu interviewen.

Wie bist du zu GORILLA gekommen?
Das ist schon eine Weile her. Ich kannte damals sehr viele Coaches und wollte eigentlich schon immer mit dabei sein. Dann habe ich mich als «Samichlaus» verkleidet, habe gefühlt tausend Bananen gekauft und ging damit ans Weihnachtsessen der Schtifti. Da ich fast alle kannte, konnte ich mein ganzes Insiderwissen als «Samichlaus» gebrauchen. Das Büro hat mich nicht gekannt und auch einige Botschafter*innen nicht. Wir haben Tränen gelacht. Seither bin ich Coach.

Was bedeutet dir das Projekt GORILLA?
Am allerschlimmsten oder besser ausgedrückt dynamischsten Workshoptag, den ich erlebt habe, in einer sehr aktiven Schule mit herausfordernden Teilnehmenden hat ein Coach gesagt: «Lasst doch die Jugendlichen einfach mal einen Tag jugendlich sein.» Das ist für mich GORILLA. Wir holen die Jugendlichen da ab, wo sie sind, und arbeiten auf Augenhöhe mit ihnen zusammen.

Wie hat sich Hip Hop Tanz für dich verändert?
Hip Hop ist Kultur und daraus ist Breaking entstanden. Früher war das wortwörtlich Freestyle: Ghettobox und dann Tanzen. Es war ein jahrelanger Prozess, bis wir salonfähig wurden. So wurde aber auch der Anspruch immer höher. Jetzt haben wir eine Struktur, bei der Körper und Gesundheit im Mittelpunkt stehen.

Du hast mit deinen Tänzer*innen eine unglaubliche Show zur Verarbeitung der Corona-Krise und deren Auswirkung auf die Jugend gemacht. Wie bist du vorgegangen? Wie hast du die Jugendlichen mit eingebunden?
Wir hatten eine Show für den Benefizanlass 2020, dann kam die Krise. Wir haben gemerkt, dass unsere «Happy Show» für mich und die Jugendlichen nicht mehr stimmte. Es ging uns tänzerisch gegen den Strich. Den Track «This is me» hatte ich bereits choreographiert, dann haben wir mit Zoom trainiert – im isolierten Daheim. Dann kam Marius Baer mit dem traurigen «Dance with somebody», das haben wir interpretiert. Auf einmal entstand die Idee, den Track in Gebärdensprache zu interpretieren, auch das wurde von den Jugendlichen mit viel Herz gelernt und umgesetzt. So kam das Thema: Berührung, Knall, Isolation und es muss doch weitergehen. Das habe ich choreographiert. Das ging uns von Anfang an allen sehr nahe. Während der Corona-Krise haben wir viel geweint im Training. Die Jugendlichen konnten sich eins zu eins in die Choreo hineinversetzen.

Wie kann das Tanzen mithelfen, Stress zu bewältigen und mit den Problemen des Lebens klar zu kommen?
Ich habe viele Schüler*innen mit viel Stress. Sie sagen mir oft, dass im grössten Stress das Training sehr guttut. Sie kommen, trainieren zusammen, werden abgeholt, wo sie sind und können einfach loslassen und mitmachen. Das hilft.

Wie hilft dir Tanzen, um psychisch gesund zu bleiben?
Wir tanzen viel in der Familie. Sound rein: tanzen und springen, beim Kochen oder einfach so. Völlig freestyle und dann geht’s uns gut. Ach ja; um psychisch gesund zu bleiben, trainiere ich fast jeden Tag; Joggen, Schwimmen oder Rennvelo, so kann ich gut meinen Tag planen und bin für meine Mitmenschen relaxter.


Bild: Reto Schlatter